Kolumne #14: Update-Orgien

Alles Banane

Aus analogen Zeiten stammt noch der Begriff Bananenprinzip: Ein Produkt „reift beim Kunden“, weil es unfertig oder fehlerhaft geliefert wurde. Erst durch Verbraucher-Feedback und Nachbesserungen des Herstellers erlangt es die gewünschte Qualität. Mal abgesehen davon, dass die Metapher hinkt – Bananen müssen grundsätzlich unreif geerntet werden, damit sie den Transport überstehen – ist dieser Zustand heutzutage keine Ausnahme mehr. In unserem digitalen Alltag scheinen Produkte niemals fertig zu werden. Das zeigt der Blick in einen x-beliebigen App-Store am Smartphone: Aktualisierungsbedürftige Software reiht sich dort in einem endlosen Strom neuer, optimierter Versionen aneinander. Nach dem Update ist vor dem Update. Und wenn es keine Fehler mehr zu beheben gibt, präsentiert der App-Anbieter die nächste Generation seines Smartphone-Programms – was Anreize für die Aktualisierung schafft und höchstwahrscheinlich wieder Bugs mit Updates nach sich zieht.

Diese Kolumne erschien zuerst in GoodLife #178

Alternativ reicht es, ein aktualisiertes Betriebssystem auf dem Telefon zu installieren. Fast jede neue Android- oder iOS-Generation zwingt App-Entwickler – Sie ahnen es schon – zur Anpassung ihrer Software. Ein schier endloser Kreislauf, der auch andere Lebensbereiche erfasst hat: Elektroautos mit vernetzter Bordelektronik, funkgesteuerte Lampen in der Wohnung oder Vollwaschtrockner mit WLAN und App-gestützter Programmwahl. Spannend wird es, wenn Systeme aufeinandertreffen, die völlig unabhängig voneinander entwickelt wurden. Wer kennt nicht die Situation im Online-Meeting: Teilnehmer kommen zu spät zur Konferenz, weil ihre Webcam noch schnell ein Update verlangt hat. Oder das USB-Mikrofon bleibt stumm, weil der Software-Treiber veraltet ist. Viele Gerätehersteller reagieren darauf mit automatisierten Updates. Die Programme aktualisieren sich selbst, sobald eine neue Version auf dem Server des Anbieters vorliegt. Prinzipiell eine gute Idee, so lassen sich etwa Sicherheitslücken schließen, ehe ein Angreifer auf die Idee kommt, sie für seine Zwecke auszunutzen. Wenn vorhanden, sollte die Automatik an Router und PC, am Smartphone, an Überwachungskameras und anderen sicherheitsrelevanten Produkten immer eingeschaltet sein.

Bei längerer Abwesenheit und vielen Systemen, die sich selbst updaten, können aber auch Konflikte entstehen. So hatten wir schon Lampen und Steckdosen, die nach dem Urlaub nicht mehr angingen oder Streaming-Lautsprecher, deren Weckfunktion streikte. Liegt es in so einem Fall am Produkt, das zwischenzeitlich aktualisiert wurde? Am Update des Routers oder an der Smarthome-Zentrale? Nicht immer leicht zu rekonstruieren. Deshalb bin ich dazu übergegangen, für wichtige Systeme einmal pro Woche manuell nach Software zu suchen und sie gezielt zu installieren. Ansonsten würde mich die Fehlersuche wahnsinnig machen – „I would go bananas“, wie es bei den Angelsachsen heißt.