Langlebig „by Design“
Wie werden elektrische Geräte wohl aussehen in einigen Jahren? Gut möglich, dass sie wieder Schrauben haben, die von außen zugänglich sind. Und Hebel oder Klappen, um das Gehäuse zu öffnen. Das war jahrzehntelang so, bis Apple und andere Smartphone-Hersteller das hermetisch abgeschlossene Produkt erfanden. Seither ist die Technik verschweißt und verklebt, oft makellos geformt, staubdicht und schwimmtauglich – aber eben auch schwer reparierbar.

Man benötigt Fachkenntnisse und Spezialwerkzeug, um ins Innere vorzudringen und beispielsweise den Akku zu tauschen. Wechselbare Batterien wie am Nokia-Handy aus den 1990er-Jahren? Ein Feature für vermeintliche Weltverbesserer und Gutmenschen, die sich heutzutage ein „Fairphone“ leisten. Viel öfter werden defekte Geräte einfach weggeworfen und neu gekauft. Das kurbelt schließlich die Wirtschaft an. Und wahrscheinlich wäre die Industrie noch länger bei diesem für sie lukrativen Geschäftsmodell geblieben – wenn es nicht das „Recht auf Reparatur“ gäbe.
Im Sommer 2024 hat die EU eine entsprechende Richtlinie verabschiedet, die alle Mitgliedsstaaten binnen 24 Monaten umzusetzen haben. Sie verpflichtet Hersteller dazu, ihre Produkte nach Ablauf der gesetzlichen Gewährleistungspflicht weiterhin zu reparieren, wenn der Kunde dies wünscht. Die Instandsetzung soll kostenlos – oder zu einem angemessenen Preis – und innerhalb eines vertretbaren Zeitraums geschehen. Das gilt zwar vorerst nur für ausgewählte Produktgruppen wie Haushaltsgroßgeräte, Mobiltelefone oder Fernseher, doch die Umstellung ist enorm. Je nach Gerätetyp müssen die Firmen bis zu zehn Jahre nach dem Verkauf eines Produkts noch Ersatzteile vorrätig haben.
Umso erfreulicher, dass es Unternehmen gibt, die sich ohne Zwang mit dem Thema beschäftigen. Teufel aus Berlin etwa, dessen neuer Bluetooth-Lautsprecher „Mynd“ gar nicht unter die EU-Richtlinie fällt. Trotzdem ist die Stereo-Box für 250 Euro so konstruiert, dass sie den Vorstellungen aus Brüssel entspricht: Das modulare Gehäuse wird von vier Innen-Sechskant-Schrauben zusammengehalten – lösbar mit handelsüblichem Werkzeug. Danach lassen sich Frontgitter, die Schallwand mit den Lautsprechern und der Elektronikteil wie ein Akkordeon auseinanderziehen. Alle Verbindungskabel sind gesteckt, also ohne Löten trennbar und ebenso leicht wieder anzuschließen. Im hinteren Teil des Gehäuses sitzt auch der Akku, sicher gekapselt in einem extra Kabinett, und wartet dort auf seinen Austausch.
Die Botschaft der gesamten Konstruktion ist klar: Dieser Lautsprecher will nicht nur reparierbar sein, er möchte seine Instandsetzung so einfach wie möglich machen. Selbst Laien sind dazu in der Lage, verspricht der Hersteller. Nach Verkaufsstart im vierten Quartal 2024 möchte Teufel für diesen Zweck eigene Tutorials anbieten. Und wenn es einmal nichts mehr zu reparieren gibt? Dann kann der Mynd dem Wertstoffkreislauf wieder zugeführt werden. Durch seine Zerlegbarkeit und den Einsatz recycelter Rohmaterialien ist dies einfacher als bei heutigen Produkten. Langlebigkeit „by Design“ scheint also gar nicht zu schwer. Jetzt müssen die Kunden solche nachhaltigen Produkte nur noch kaufen.